Betroffene erzählen
Dank Blutspenden kann ich ein normales Leben führen!
Viele Blutspenderinnen und Blutspender fragen sich, was mit ihrem gespendeten Blut geschieht. Neben Unfällen und Krebstherapien gibt es weitere Einsatzgebiete. Zum Beispiel muss A.H. aufgrund einer Erbkrankheit jeden Monat im Spital Blut "tanken".
«Vor 23 Jahren wurde ich in Indien mit der erblichen Blutkrankheit ‹Thalassemia Major› geboren, und da ich in den ersten Lebensjahren nicht richtig behandelt wurde, hatte ich anfangs eine Lebenserwartung von nur fünf Jahren. Mit drei Jahren wurde ich zu meinem grossen Glück von liebevollen Menschen aus der Schweiz adoptiert. Hier konnte ich dank der fortschrittlichen Medizin von einer sehr guten Therapie profitieren.
‹Thalassemia Major› ist eine komplexe Erbkrankheit, die auch ich selber nicht bis ins Detail verstehe. Ich wurde schon gefragt, ob diese Blutkrankheit ansteckend sei. Das ist sie natürlich nicht, sie ist angeboren und kann im Laufe des Lebens nicht erworben werden. Durch einen Gendefekt werden inmeinem Körper zu wenig funktionstüchtige rote Blutkörperchen, sogenannte Erythrozyten, produziert, was zu einer schweren Blutarmut führt. Die einzige mögliche Therapie besteht für mich in regelmässigen Bluttransfusionen. Dies führt jedoch dazu, dass ich viel zu viel Eisen im Körper habe. Überschüssiges Eisen lagert sich auf den Organen ab und kann langfristig zu Komplikationen führen. Deshalb benötige ich täglich Medikamente, um das überschüssige Eisen wieder aus dem Körper zu bringen. Ohne diese Behandlung würde es zu schweren Schädigungen vor allem des Herzens und der Leber kommen.
Für meine Behandlung muss ich jeden Monat ins Spital. Dort erhalte ich Bluttransfusionen und ein zusätzliches Medikament. Meistens sind es zwei Blutbeutel von meiner Blutgruppe B positiv oder manchmal auch von der Universalblutgruppe 0 negativ. Normalerweise spüre ich vor und nach der Transfusion keinen Unterschied, in seltenen Fällen werde ich kurz sehr müde. Die Transfusion dauert ungefähr vier Stunden. In dieser Zeit schlafe ich ein bisschen, lese ein Buch oder schaue einen Film.
Mittlerweile habe ich mich an dieses Ritual gewöhnt, und wenn nicht ein medizinisches Wunder geschieht, wird dies bis an mein Lebensende so bleiben.
Als Kind und in der Pubertät hatte ich manchmal sehr Mühe damit, dass ich im Spital sein musste, anstatt mit meinen Freundinnen etwas zu unternehmen. Auch heute gibt es noch Momente, in denen ich hadere. Aber vor ein paar Jahren habe ich begonnen, mir intensiver Gedanken zu machen und alles besser zu verstehen. In Indien haben viele Betroffene diese medizinischen Möglichkeiten nicht – meine Eltern haben mir durch die Adoption wahrhaftig das Leben gerettet! Zudem wurde mir bewusst, dass das Blut, das ich erhalte, von Menschen freiwillig gespendet wird. Dank ihnen kann ich ein normales Leben führen. Dafür bin ich extrem dankbar!
Im Alltag muss ich mich fast bis gar nicht einschränken. Ich arbeite wie alle anderen auch. Im Winter gehe ich viel Snowboarden. Ich liebe es, in fremde Länder zu reisen, zu kochen und zu geniessen. Gewisse eisenreiche Nahrungsmittel wie Chiasamen, Wild oder Ovomaltineprodukte sollte ich zwar nicht essen. Und klar, ich könnte mit einer leichten Blutarmut wohl nicht Spitzensportlerin werden, aber damit kann ich sehr gut leben ;-).
Auf jeden Fall möchte ich allen Blutspenderinnen und Blutspendern danke sagen. Ohne sie könnte ich nicht weiterleben.»